unter „Trixi und Harry“ finden Sie kurze Unterhaltungen. In diesen Unterhaltungen finden sich immer wieder neue, andere Perspektiven, die ein anderes Nachdenken und Herangehen an alltägliche Situationen möglich erscheinen lassen.

„Kennst du das, du bist schlecht drauf und denkst, dass dich keiner so richtig liebt?“, fragt Harry nachdenklich.

„Klar, manchmal reicht es mir schon, dass jemand was macht, was mir nicht gefällt – und ich bin sicher: er liebt mich nicht genug!“ Trixi nickt.

„Genau! Ich bin dann sogar unsicher, ob ich es überhaupt verdiene, dass mich jemand liebt!“, setzt Harry noch einen drauf.

„Ich denke manchmal, dass mit der Liebe funktioniert wie ein Spiegel. So wie du hineinschaust, so siehst du dich auch selbst. Wenn du gerade niemandem zeigen kannst, dass du ihn liebst oder das nur eingeschränkt kannst, dann kommt dieses Unvermögen oder diese Einschränkung aus dem Spiegel zu dir zurück!“, denkt Trixi laut.

„Du meinst, wenn du denkst, dass dich niemand genug liebt, dann liegt das daran, dass du selber gerade nicht genug lieben kannst?“, will Harry wissen.

„Das ist mindestens teilweise so!“, Trixi ist sich sicher.

„Das würde ja heißen, dass – wenn ich für mein Empfinden nicht genug Liebe in meinem Leben habe – ich daran selbst etwas ändern könnte?“, fragt Harry.

„Ich glaube sogar, dass nur du dann etwas ändern kannst!“, nickt Trixi. „Das ist wohl manchmal nicht leicht, aber dann brauchst du eben Unterstützung. Aber dafür gibt es ja Menschen, die sich mit so was auskennen!“

„Ich mache mal einen Termin aus bei so einem Unterstützer – und dann will ich genug Liebe in meinem Leben haben!“ Da war Harry sich sicher!

 

meinte ‚unser’ Fifty-fifty Verkäufer heute, als wir uns verabschiedeten. Er wird in einigen Wochen umziehen, hat dort Arbeit, Wohnung, Verwandte – und wie man hört – eine Freundin. Wir wissen, dass er diese Umsiedlung seit Monaten vorbereitet. Die Arbeitsverwaltung muss ebenso zustimmen, wie der Amtsarzt zuvor. Schließlich geht es darum, die Beihilfe sichern zu können für den neuen Arbeitgeber. Das hat er mit Einsatz und viel Geduld hin bekommen – und jetzt ist es bald soweit, der Umzug und das neue Leben warten.

Ich dachte: Wofür der Dank? und Was war nicht selbstverständlich? und Schade, dass er demnächst nicht mehr da sein wird!

Ich hatte mich daran gewöhnt, ihn zu sehen, kurz zu fragen, ob alles in Ordnung sei, es ihm gut gehe und was seine Pläne machten. Man grüßte sich schon von weitem und es gab immer einen Spruch.

Ich hatte mich daran gewöhnt, dass er zum Bild auf der Straße gehörte, dass um ihn herum immer mal Leute standen, mit denen er plauschte, denen er so zu hörte, wie sie ihm zu hörten.

Ich habe verstanden, dass diese Selbstverständlichkeit, die aus der Gewöhnung kommt, auch eine Stabilisierung für ihn war, die ihm wohl gut getan hat. Er hat sie offensichtlich auch so erlebt.

Er war eine Institution in der Fußgängerzone, die sie menschlicher gemacht hat, weniger perfekt und farblos. Eine lebendige Kante neben all den abgeschliffenen Profilen in der Stadt.

Und das bedeutet, dass es richtig ist auch ihm zu sagen: „Danke schön! Das alles war nicht selbstverständlich!“

„Kennst du das? Du wartest darauf, das was passiert. Du wartest und wartest, weil es ja jeden Moment passieren muss – aber es passiert erst mal nichts?“, fragte Harry.

„Kenne ich!“, meinte Trixi. „Und manchmal ist es so, dass ich mich dann auf nichts anderes mehr konzentrieren kann, weil ich nur noch warte.“

„Genau!“, ergänzte Harry. „Dann ist das Warten so im Vordergrund, dass für nichts anderes mehr Platz ist. Kurz danach gibt es dann die ersten Abhängigkeiten: Wenn das doch jetzt käme, dann könnte ich …!“

„Ist schon ein bisschen verrückt“, meinte Trixi. „Manchmal denke ich, dass dahinter die Sehnsucht steht, dass Mutter oder Vater kommen und mich an die Hand nehmen – und ich muss mich nicht kümmern, weil sich alles schon regeln wird. Und darauf und genau so warte ich dann auch.“

„Und dann brauche ich es, dann muss das Warten ein gutes Ende haben. Es muss positiv ausgehen. Das habe ich zwar nicht selber in der Hand, sondern das hoffe ich dann nur noch – aber eben mit der Sehnsucht, dass dadurch alles gut wird. Eben so, wie wenn die Mutter oder Vater früher einen an die Hand genommen haben.“ Harry nickte.

„Und dann kommt die Angst, es könnte schief gehen. Es löst sich vielleicht nicht positiv auf – und man wartet noch mehr und noch intensiver. Alle Aufmerksamkeit ist nur noch beim Warten.“ Trixi war in ihrem Element.

Harry nickte: „Gut zu wissen, wie das funktioniert mit dem Warten.“

„Andere fahren in Urlaub und ich muss mich um jede Menge Zeug kümmern, das ist richtig gemein.“, meinte Harry brummelnd.

„Ach nein“, lachte Trixi, „und jetzt wirst du bestimmt ungerecht behandelt, du Komiker!“

„Genau!“ Harry war echt genervt.

„Tja“, dachte Trixi nach, „wenn du dich kümmerst und dich davon nerven lässt, dass du das jetzt so machen musst, dann hast du nicht nur das Kümmern am Hals, sondern auch noch dein ‚genervt-sein’. So richtig pfiffig kann ich das nicht finden!“

„Du hast ja recht, aber manchmal ge-hört ein bisschen meckern auch dazu, dass ich mich wieder mit Spaß kümmern kann. Ich weiß ja: was ich machen muss, muss ich machen – aber ich kann es auf die für mich freundlichste und angenehmste Art tun. Und das ist ja schließlich auch was!“

„Na also! Genieß‘ den Sommer!“ lachte Trixi.

„Hast du das schon mal erlebt, dass du dich anstrengst für jemand anderen, der – nach deiner Ansicht – alleine nur schlecht klar kommt, und dann plötzlich tut der Andere so, als wenn das doch das Selbstverständlichste der Welt wäre?“, fragte Harry.

„Klar! Und dann beschwert sich der Andere irgendwann, dass du dich nicht mehr angestrengt hast, weil du ja schließlich immer schon – blablabla!“ erwiderte Trixi. „Und es ist gar nicht so einfach, aus dieser Nummer wieder heraus zu kommen!“

„Ich versteh’ das nicht.“ Harry schüttelte den Kopf. „Hier geht es doch nicht um Kinder und Adoptionen. Hier geht es doch um Unterstützung aus freien Stücken. Mir ist es ein Rätsel, wie jemand daraus einen Anspruch ableitet und den dann auch noch durchsetzen will. Und zwar gegen mein erklärtes Interesse. So nach dem Motto ‚Bisher hast du freiwillig, aber jetzt bestehe ich darauf!’.“

„Ja, ist schon verrückt.“ Trixi lächelte und meinte: „Du kannst dann gar nicht anders als zuerst mal dafür sorgen, dass wieder eine gemeinsame Einschätzung der Situation entsteht. Wenn du die Einschätzung des Anderen nicht übernehmen willst, musst du deine dagegen setzen! Und wenn der Andere formal argumentiert, dann musst du halt die Formalien überprüfen und – wenn du kannst – deine Sicht einbringen und im Zweifelsfall auch durchsetzen.“

„Das ist so dämlich!“ , beschwerte sich Harry. „Da kommt doch heraus, dass Kampf angesagt ist. Eine andere Möglichkeit gibt es doch gar nicht, wenn ich ‚dagegen setze’. Und das macht letztlich beide Seiten zu Verlierern: Der, der bisher gegeben hat, fragt sich, wie blöd er gewesen sein muss, selber auf etwas zu verzichten und dem Anderen gegeben zu haben – und bekommt im Nachhinein noch ein schlechtes Gefühl. Der, der bisher genommen hat, wird nichts mehr bekommen – egal, wie nötig er es auch hat – und verliert eine Ressource für schwere Zeiten.“

„Da bleibt nur noch die Frage nach der Alternative – wenn es denn eine Alternative gibt“, meinte Trixi. „Letztlich kannst du nur freundlich bleiben, wenn du klar hast, dass du dein Interesse durchsetzen kannst und aus einer freiwilligen Aktion jetzt nicht plötzlich ein ‚muss’ wird. Das bedeutet, du musst abklären, wie deine Position ist, um dich dann auf dieser Basis bewegen zu können. Dann kannst du auch wieder dich weiter weg bewegen von dieser Basis, weil du ja weißt, dass du das tust, weil du das willst – und nicht, weil du das musst!“

„Na, dass alleine dabei so viel Widerwillen und Ärger entsteht, dass die Wahrscheinlichkeit für freiwillige Bewegung gegen Null geht, ist doch auch klar, oder?“ Harry wollte es genau wissen.

„Natürlich! Aber du musst einfach akzeptieren, dass jeder sich so verhält, wie er das richtig findet – und dann muss er dafür auch die Verantwortung übernehmen!“ Trixi war sich sicher. „Gemeinsamkeiten brauchen eine Basis, im Verhalten zu einander, in den Bewertungen von Handlungen und Haltungen und in der gegenseitigen Wertschätzung. Formalien und Ansprüche eignen sich nicht als Basis. Damit fällt man eher aus dem Leben des Anderen heraus.“

„Es ist manchmal gefühlsmäßig schwer, Anderen beim ‚freien Fall’ zu zu sehen.“ Harry seufzte. „Aber jeder füllt sein Leben auf seine Art und lebt seine Perspektiven.“

„Auch das gehört zur Selbstbestimmung des Menschen.“ Trixi zuckte mit den Achseln. „Und wenn du diese richtig findest, musst du auch mit den Schattenseiten klar kommen – und das ist die Verantwortung für das eigene Tun und Lassen!“